Effektiver Inflationsschutz

Aussergewöhnliche Situationen erfordern aussergewöhnliche Massnahmen. Das sagt schon ein altes deutsches Sprichwort. Besser lässt sich die Situation an den Kapitalmärkten aktuell wohl auch kaum beschreiben.

Um den konjunkturellen Folgen der Pandemie entgegenzuwirken, wird die Weltwirtschaft mit einem Mix aus ultra-expansiver Geldpolitik und fiskalpolitischer Stimulierung unterstützt. Wir erwarten deswegen eine anhaltende Erholung der Wirtschaft. Die Notwendigkeit einer ultra-expansiven Geldpolitik wird in der Folge in sechs bis acht Quartalen sukzessive abnehmen. Da die weitreichenden fiskalpolitischen Massnahmen bis dahin aber noch nicht abgeschlossen sein werden, ist ein Spannungsfeld absehbar. Um einen erhöhten Anstieg der Konsumentenpreise zu vermeiden, bedarf es eines gut koordinierten Ausstiegs bei Geld- und Fiskalpolitik. Doch die zeitliche Verzögerung der staatlichen Massnahmen legt die Versuchung nahe, politischen Druck auf die Zentralbanken auszuüben, um diese zu einem verzögerten Ende der expansiven Geldpolitik zu bewegen. Das würde aber implizieren, dass die Notenbanken ein temporäres Überschiessen ihrer Inflationsziele in Kauf nehmen. In der Tat gibt es sowohl in der US-Notenbank als auch in der EZB Verfechter des Average Inflation Targeting (AIT). Dabei betrachtet man nicht mehr die jährliche Preissteigerung, sondern eine längere Phase. Entsprechend kann die Inflation nach einer Zeit unterdurchschnittlicher Entwicklung einige Jahre über dem Ziel liegen. Die Zentralbank würde also erst später anfangen zu intervenieren. Deswegen wundert es nicht, dass für immer mehr Marktteilnehmer Inflation ein Thema ist. Während viele Anlageklassen nur indirekt mit der Preissteigerung zusammenhängen, sind inflationsgeschützte Anleihen direkt an die Verbraucherpreise gekoppelt – Kupons und Rückzahlung erhalten einen Ausgleich für den Preisanstieg. Damit kann man im Vergleich zu einer vergleichbaren Nominalanleihe des gleichen Schuldners die durchschnittliche Inflationsrate berechnen, die es benötigt, dass beide Anleihen den gleichen Ertrag liefern – die sogenannte Break-Even-Inflation (BEI).

Chart Break-Even-Inflation

Bei den kürzeren Laufzeiten kann man argumentieren, dass wegen der aktuellen Rezession die Inflationsziele nicht erreicht werden. Aber die BEI liegt auch für die längeren Laufzeiten deutlich unter den Inflationszielen der Zentralbanken. In Europa ist der Abstand zwischen dem Zielkorridor der EZB und der BEI besonders ausgeprägt. Ein Bild, das aus unserer Sicht trotz des kürzlichen Anstiegs der BEI noch deutliche Potenziale birgt. Die hohen Staatsschulden sind grösstenteils in Nominalanleihen ausgegeben. Steigende Inflationsraten wären damit einer finanziellen Repression gleichzusetzen und würden zu einer Reduktion der Schuldenquoten der Länder führen. Die Diskussion um AIT bei den Zentralbanken und die eindeutige Interessenslage seitens der Politik führen aus unserer Sicht zu deutlich mehr Risiken auf der Aufwärts- als auf der Abwärtsseite der Konsumentenpreise. Inflationsgeschützte Anleihen sollten also in keinem diversifizierten Portfolio fehlen.

Portrait Mirko Mattasch
Mirko Mattasch, LLB Asset Management AG, Vaduz

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