Is the trend still your friend?

Lineare Projektion ist oft ein mächtiges Instrument der Vorhersage. Häufig jedoch auch ein schädliches, da Moden und Trends endliche Phänomene sind. Blüht dem dominierenden US-Aktienmarkt (Abb. 1) bald das Schicksal der "Mean Reversion", der Rückkehr zum Mittelwert?

Sir Francis Galton gilt als Begründer der Theorie, dass natürliche Phänomene eine Regression zur Mitte zeigen; also nicht immer grösser und grösser werden, sondern sich nach und nach wieder einem Normalzustand annähern. Er bewies diese These bereits im späten 19. Jahrhundert mit Erbsenexperimenten in der Vererbungslehre. So stellte er fest, dass Nachkommen von grossen Erbsen nicht automatisch überdurchschnittlich gross waren. Auch die Sprösslinge kleiner Erbsen waren nicht immer klein. Verlaufen also natürliche Phänomene zyklisch – auch Aktienmärkte sind natürliche Erscheinungen, da Menschen auf Märkten zusammentreffen –, sollte das auch für die Kurse einzelner Aktien gelten.

In den USA stellen wir aktuell eine starke Konzentration der Anlegerinteressen auf einzelne, sehr grosse Unternehmen aus den Sektoren Informationstechnologie und Kommunikation fest (siehe Abbildung). Welche Faktoren könnten eine Regression zur Mitte auslösen? Aktuell identifizieren wir drei wichtige Punkte.

Marktsättigung

Drei von vier US-Haushalten haben einen Amazon-Prime-Zugang. Ungefähr jeder zweite US-Konsument ist Netflix-Kunde, und über 70 Prozent aller Amerikaner haben ein Facebook-Profil. Google beherrscht mehr als 92 Prozent des Markts für Online-Suchanfragen, und zusammen mit Facebook generiert Alphabet über 60 Prozent aller Online-Werbeeinnahmen. Aufgrund der hohen erwirtschafteten Margen gehen wir davon aus, dass sich Marktanteilsverluste an die Konkurrenz einschneidend auf die Profitabilität durchschlagen werden.

Regulierung

Mit einer hohen Marktkonzentration werden früher oder später Stimmen laut, die von einer missbräuchlichen Verwendung der erreichten Machtposition warnen. Sowohl die Wettbewerbsbehörde der EU, die Europäische Kommission (Stichwort: Digital Services Act), sowie das überparteiliche U.S. House Judiciary Committee beschäftigen sich entweder mit einer Verbesserung des digitalen Personendatenschutzes oder mit der Untersuchung wettbewerbsschädlicher Geschäftspraktiken von grossen Internetunternehmen. Somit ist von einem Anziehen der Daumenschrauben mit mehr oder weniger ertragsmindernden Auswirkungen auszugehen. Gar eine weitgehende Tech-Regulierung im Geiste von Glass-Steagall (Trennung von Kreditgeschäft und Investmentbanking in den USA in 1932) steht im Raum.

Präferenzen

Dass kurzlebige Konsumgüter aus der Mode kommen, steht ausser Frage. Ob es den Tech-Konzernen fortlaufend gelingt, die Konsumpräferenzen prägend zu gestalten, ist ein wesentlicher Faktor für den zukünftigen Erfolg dieser Unternehmen. Sonys Walkman verkaufte sich weltweit über 385 Millionen Mal. Seltene Exemplare von Cabbage-Patch-Kids-Puppen wurden in den 1980er-Jahren auf dem Schwarzmarkt für teils über 2'000 US-Dollar gehandelt. Apple verkauft die aktuellen kabellosen AirPods-Pro-Kopfhörer derzeit für 279 Franken. Zwei dieser höchst lukrativen Trends sind bereits Geschichte.

Content asm Beitrag Nov 2020
Quellen: Bloomberg, eigene Darstellung
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Quellen: Bloomberg, eigene Darstellung
Portrait Timo Gruber
Timo Gruber, Senior Portfolio Manager, LLB Asset Management AG, Vaduz

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