US-Aktienmarkt: FAAMG?

Von den bisher veröffentlichten Quartalsergebnissen im US-Aktienmarkt übertraf ein Grossteil die Erwartungen der Analysten – teils signifikant. Die Unternehmen profitieren von einer ausgeprägten wirtschaftlichen Erholung.

Besonders auffällig sind die jüngst veröffentlichten Quartalszahlen der sogenannten FAAMG, also der viel beachteten grossen Wachstumsunternehmen der USA. Zählt man die Umsätze von Facebook, Amazon, Apple, Microsoft und Alphabet's Google des ersten Quartals 2021 zusammen, kommt man auf 322 Milliarden US-Dollar. Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Umsätze um 41 Prozent und sind nun nahezu so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt von Mexiko − gemäss Schätzungen des Internationalen Währungsfonds. Die erwirtschafteten Gewinne des Quintetts belaufen sich auf sagenhafte 75 Milliarden US-Doller; im Vorjahresvergleich stiegen sie um über 100 Prozent. In Bezug auf den generierten Cashflow zählen die dominanten US-Unternehmen zur Weltelite. Der Markt hat dieses Potenzial jedoch erkannt und bewertet die Unternehmen entsprechend hoch.

Hohe Skalierbarkeit zentral für den Erfolg

Was sind nun die grundsätzlichen Wachstumstreiber, die für die hohen Gewinne und die wachsenden Umsätze verantwortlich sind? Und welche potenziellen Gefahren lauern? Der wichtigste Faktor ist sicherlich die Stärke des jeweiligen Geschäftsmodells. Seit mehreren Jahren zeigt sich, dass eine hohe Skalierbarkeit zentral ist für den Erfolg – also geringe Kosten für die Servicebereitstellung für einen weiteren Kunden. Gleichzeitig stellen die Unternehmen immer mehr auf ein Mieten-statt-kaufen-Geschäftsmodell um. Software wird nicht mehr gekauft, sondern die Nutzung der digitalen Dienstleistung wird gemietet. Den genannten Unternehmen ist es so in den letzten Jahren gelungen, immer mehr Anwender von der Qualität der angebotenen Dienstleistung zu überzeugen und sich eine einzigartige Stellung im Markt zu erwirtschaften. Und mit der Zunahme der Nutzer auf der jeweiligen «Plattform» steigt die Attraktivität des Service an sich.

Skaleneffekte bedingen also eine wachsende Attraktivität und fallende Grenzkosten; der Service wird augenscheinlich kostenlos oder sehr günstig zur Verfügung gestellt. Das ist das Geheimrezept des Erfolgs von Amazon und Co.

Die Margen sind rekordhoch, und die Attraktivität des Geschäftsmodells zieht Mitbewerber an, die mittelfristig für einen Ausgleich sorgen werden. Diese Thematik war bis anhin kein Problem, da die Unternehmen ihr Geschäftsmodell sehr erfolgreich verteidigen konnten. Einerseits durch einen faktisch besseren Service, andererseits durch die Akquisition von aufstrebenden und strategisch gefährlichen Konkurrenten. Die Mitbewerber fühlen sich aufgrund gewisser Strukturen jedoch zusehends benachteiligt und monieren diesen Zustand beim Regulator. Beispiele dafür sind Softwareentwickler wie Epic Games oder Spotify, die ihre Produkte beispielsweise über den App Store von Apple oder über den Play Store von Alphabet's Google vertreiben wollen und dafür hohe Gebühren von bis zu 30 Prozent bezahlen müssen. Irritierend ist zudem, dass die Store-Betreiber die eigene Software zu günstigeren Konditionen anbieten als die entsprechende Fremdsoftware. Sowohl in den USA als auch in Europa und in Australien sind deshalb Untersuchungen der Wettbewerbsbehörden im Gange oder bereits Gerichtsverfahren hängig.

Präferenz nach Chancen lautet «AMGAF»

Marktsättigung und grundsätzliche «Ermüdungserscheinungen» bei den Konsumenten sind aber wahrscheinlich wichtigere Argumente für eine Selektivität beim Investieren in die grössten Mega-Cap-Aktien der USA. Die coronabedingte Sondersituation, die tief in die persönliche Lebensführung eingreift, dürfte früher oder später beendet sein. Gewisse neue Gewohnheiten werden bleiben, andere werden wieder abgelegt werden. Unsere Präferenz bei der Positionierung im Aktienfonds «LLB Aktien Nordamerika ESG (USD)» heisst daher «AMGAF»: Bei Amazon, Microsoft und Google sehen wir grössere Chancen und ziehen diese Unternehmen Apple und Facebook klar vor.

Portrait Timo Gruber
Timo Gruber, Senior Portfolio Manager, LLB Asset Management AG, Vaduz