Unternehmensanleihen im Tief

Nach mehrheitlich guten Jahren schaffen es Unternehmensanleihen heuer nicht in den positiven Bereich. Im US-Markt, wo sowohl Zinsen als auch Risikoprämien steigen, ist der Ertrag seit Jahresanfang so tief wie schon lange nicht mehr. In der Eurozone und in der Schweiz bewegen sich die Zinsen kaum, die Risikoprämien steigen allerdings auch hier, sodass Anleger einen Verlust hinnehmen müssen. Dafür verharrt die Volatilität stabil auf einem tiefen Niveau und bleibt selbst von den Aktienkorrekturen in diesem Jahr unbeeindruckt.

Die Annahme, dass die Volatilität zunehmen wird, je weniger die Zentralbanken auf dem Markt intervenieren, hat sich bisher nicht bewahrheitet. Hingegen treten die Folgen der lockeren Geldpolitik seit der Finanzkrise zutage. Die Unternehmen nutzten die tiefen Zinsen aus, um die Verschuldung zu erhöhen. Der Anleihenmarkt ist stark gewachsen, weshalb Anlegern heute mehr Wertpapiere zur Verfügung stehen als vor der Krise. Deren Qualität hat sich allerdings deutlich verschlechtert. Hatte vor der Finanzkrise im US-Markt nur jede dritte und in der Eurozone jede fünfte Anleihe eine Bonität von BBB, so ist es mittlerweile in beiden Märkten jede zweite. Die beiden besten Bonitäten (AAA und AA) kommen nur noch bei jeder zehnten Anleihe vor. Da die Ausfallraten derzeit tief sind, stellt das bislang kein grosses Problem dar. In der nächsten Krise dürfte der Markt aber stärker unter Druck kommen als in der letzten. Zudem droht vielen Titeln eine Herabstufung beim Rating. Die Ratingagenturen scheinen nun nämlich eine höhere Verschuldung zu tolerieren. Manches Unternehmen mit der Bonität BBB wäre vor der Finanzkrise aufgrund der Schuldenlast nur im spekulativen Bereich gelandet. Der BBB-Bereich ist heute also riskanter als vor der Krise.

Portrait Roger Wohlwend
Roger Wohlwend, Senior Portfoliomanager, LLB Asset Management AG, Vaduz