Ladenhüter mit Negativrendite

Deutschland hat am Mittwoch die weltweit erste dreissigjährige Staatsanleihe mit einer negativen Verfallsrendite begeben. Die Investoren reagierten mit Kaufzurückhaltung. Weniger als die Hälfte des Zielvolumens konnte direkt am Markt platziert werden.

Zunehmende Konjunktursorgen sowie hohe Erwartungen an eine expansive Geldpolitik der Notenbanken führten zu Rekordmarken am Anleihenmarkt. Demzufolge sollten sichere Anlagehäfen auf eine hohe Nachfrage stossen. Schliesslich notiert nach den schweizerischen Staatsanleihen inzwischen auch die gesamte Kurve der deutschen und niederländischen Titel im negativen Bereich. Während Eidgenossen Fälligkeiten bis 2064 aufweisen, beläuft sich das Laufzeitenband der beiden Euroländer auf maximal dreissig Jahre. Die deutsche Finanzagentur begibt im Zwei-Jahres-Turnus eine dreissigjährige Anleihe, deren Volumen in der Folge regelmässig aufgestockt wird.

Mit der Auktion am Mittwoch wurde jedoch historisches Neuland betreten: Zum ersten Mal wurde ein so langlaufender Bond mit einer negativen Verfallsrendite (–0.11 Prozent) begeben. Der Ausgabekurs der Nullkuponanleihe belief sich auf 103.61 Prozent. Einem initialen Emissionsvolumen von 2 Milliarden Euro standen Gebote von weniger als 900 Millionen Euro gegenüber, sodass mehr als die Hälfte über die Marktpflegequote absorbiert werden musste. Unseres Erachtens hat die Akzeptanz von Negativrenditen hier eine Schmerzgrenze erreicht. Für das Vorgängerpapier mit einer Laufzeit bis 2048 stand bei der Erstemission vor zwei Jahren noch eine Rendite von 1.27 Prozent zu Buche. Möglicherweise könnte dieses enttäuschende Ergebnis die Debatte um noch längere Bundesanleihen anheizen. Immerhin emittieren Frankreich und Italien Staatspapiere mit fünfzig Jahren Laufzeit, während Österreich den «Hundertjährigen» im Juni erfolgreich aufgestockt hat.

Portrait Stefan Rösch
Stefan Rösch, Fondsmanager Obligationen, LLB Asset Management AG, Vaduz

Rechtlicher Hinweis: Angaben im Sinne der Finanzanalyse-Vorschriften (Gesetz, Verordnung) finden Sie unter Rechtliche Bedingungen.