US-Leitzinsen schon am Hoch?

Die US-Notenbank hat die Leitzinsen 2018 viermal angehoben. Doch seit Jahresbeginn sind die Fed-Offiziellen beobachtend an die Seitenlinie getreten – Formulierungen wie «Geduld» und «Datenabhängigkeit» prägen die Kommunikation. Zuletzt hat sich der Konjunkturausblick eingetrübt, und der Anstieg der Konsumentenpreise gab ebenfalls deutlich nach. Am Mittwoch erklärte die US-Notenbank, dass für 2019 keine Zinserhöhung mehr vorgesehen ist. Ferner wird der Abbau der Notenbankbilanz bereits im September auslaufen. Für Anfang 2020 gehen bereits 50 Prozent der Marktteilnehmer von einer Zinssenkung aus, nachdem im November noch 90 Prozent einen Zinsanstieg erwartet hatten.

Das aktuelle Marktbild unterscheidet sich von vorherigen Zinszyklen dadurch, dass das Leitzinsniveau von 2.5 Prozent keine restriktive Wirkung entfaltet. Vor den letzten Zinsabschwungphasen 2001 und 2007 wurden in der Spitze Leitzinssätze von 6.5 Prozent beziehungsweise 5.25 Prozent erreicht. Zudem zeigt sich der US-Arbeitsmarkt mit einer Erwerbslosenquote von unter 4 Prozent in einer sehr robusten Verfassung, und die Einkaufsmanagerindizes befinden sich weiterhin in freundlichem Terrain. In Anbetracht dieses Datenkranzes erachten wir es als verfrüht, anzunehmen, dass der Zinserhöhungszyklus bereits abgeschlossen ist.

Ausgehend von einem Höchststand bei 2.8 Prozent zum Jahreswechsel ging der Drei-Monats-Libor zum ersten Mal in dem seit Ende 2015 anhalten Zinserhöhungszyklus auffällig zurück. Nachdem wir in den kommenden Monaten die Gefahr von Kursrückgängen durch Zinsanstiege am kurzen Ende als gering erachten, verlieren an den Geldmarktsatz gekoppelte Callgelder sowie variabel verzinste Anleihen an Attraktivität. Stattdessen empfehlen wir liquiditätsorientierten Investoren mit einem kurz- bis mittelfristigen Horizont festverzinste US-Dollar-Unternehmensanleihen mit solider Bonität.

Portrait Stefan Rösch
Stefan Rösch, Fondsmanager Obligationen, LLB Asset Management AG, Vaduz

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