Mehr Vielfalt bei nachhaltigen Anleihen

Nachhaltige Anleihen liegen klar im Trend. Zugleich gewinnen unterschiedliche Ausgestaltungsvarianten an Breite. Damit können Investoren gezielt einen gesellschaftlichen Beitrag leisten.

Das Segment nachhaltiger Anleihen wächst stetig − und auch ihre Vielfalt wird grösser. Zunächst dominierten Green Bonds, nun gerät die Fragmentierung des Marktes mit zunehmenden Emissionen von Social Bonds und Sustainability Bonds immer mehr in den Fokus. Letztere verbinden Ökologie und soziale Aspekte. Die Klassifizierung erfolgt anhand der Mittelverwendung. So erfordern die Richtlinien der International Capital Market Association (ICMA) folgende Offenlegungskriterien gegenüber den Investoren:

  • Verwendung der Emissionserlöse,
  • Prozess der Projektbewertung und -auswahl,
  • Management der Erlöse sowie
  • Reporting.

Ein weiteres Segment stellen Sustainability Linked Bonds dar, deren Coupon an ein vorab definiertes Nachhaltigkeitsziel gekoppelt ist. Bereits im ersten Quartal 2021 wurde das Gesamtemissionsvolumen an nachhaltigen Anleihen aus dem Jahr 2019 erreicht. Seit 2020 liegt das Emissionsvolumen von Green Bonds und Social Bonds gleichauf, wobei letztere primär durch die Europäische Union (zur Bereitstellung der Arbeitsmarkthilfen SURE) sowie durch andere staatsnahe Emittenten begeben werden.

Marktentwicklung nachhaltiger Euro-Emissionen
 Quelle: Daten Bloomberg / eigene Darstellung

Der erste Green Bond wurde 2007 von der Europäischen Investitionsbank platziert. Nach staatlichen Förderinstituten gewann das Segment zunächst Zulauf von Geschäftsbanken und Stromversorgern. Inzwischen haben zahlreiche Länder Green Bonds in ihre Emissionsplanung aufgenommen. Deutschland debütierte im September letzten Jahres mit einem zehnjährigen grünen Bundeswertpapier. Einzigartig ist dabei das Zwillingskonzept, wodurch eine grüne Anleihe in eine vergleichbare konventionelle Anleihe umgetauscht werden kann. Damit wird Liquiditätsbedenken aufgrund der geringeren Emissionsgrösse entgegengetreten. Die Platzierung war ein Erfolg, sodass der Spread-Abschlag gegenüber der konventionellen Bundesanleihe («Grüne Prämie») von einem Basispunkt inzwischen auf mehr als fünf Basispunkte angestiegen ist. Die grüne Renditekurve der Bundesrepublik Deutschland mit Laufzeiten von fünf und dreissig Jahren hat deshalb weitere Referenzpunkte erhalten.

Im März 2021 begab Italien erstmals einen Green Bond. Als Handlungsfelder wurden unter anderem Energie und Transport festgelegt, um einen positiven Effekt auf verschiedene Social Development Goals der Vereinten Nationen zu erzielen. Die Europäische Union plant, 30 Prozent der Mittel für den 750 Milliarden Euro umfassenden Wiederaufbaufonds (NGEU) über Green Bonds zu finanzieren. Mit einem grünen Emissionsvolumen von fast 50 Milliarden Euro jährlich bis zum Jahr 2026 wird die Staatengemeinschaft zeitnah die führende Rolle übernehmen.

Aufgrund der höheren Aufwendungen für Projektgutachten (Second Party Opinion) oder Strukturierungsdienstleistungen erwarten die Emittenten neben einem positiven gesellschaftlichen Beitrag auch kompensierende Refinanzierungsvorteile. Besonders deutlich war dieser Effekt bei den ersten Green Bonds der Autobauer Daimler und Volkswagen, die deutlich unter der Renditekurve für konventionelle Anleihen an den Markt kamen. Bislang konnten nachhaltige Anleihen einen überdurchschnittlichen Gesamtertrag gegenüber konventionellen Produkten erzielen. Inwieweit sich diese Preisdifferenzierung fortsetzen wird, hängt auch von regulatorischen Faktoren ab. Ob vor dem Lebensmittelregal oder bei der Kapitalanlage – der Kunde hat die Wahl.

Portrait Stefan Rösch
Stefan Rösch, Fondsmanager Obligationen, LLB Asset Management AG, Vaduz

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