Bullwhip-Effekt erzeugt Lieferkettenstau

Aktuell können in der US-Wirtschaft anhaltende Lieferkettenprobleme beobachtet werden. Das zeigt sich an den hohen Lagerinvestitionen. Auf Unternehmensebene sind momentan beispielsweise die Einzelhändler mit hohen Lagerbeständen belastet, was viel Kapital bindet.

Passt der Endkunde sein Konsumverhalten gering an, setzt sich dieser Impuls in der Nachfrage fort und verstärkt sich über die Lieferkette hinweg. Ähnliche Phänomene sind aus der Verkehrsforschung bekannt: Ein kilometerlanger Stau entsteht meist durch ein abruptes, unvorhersehbares Bremsmanöver – und schaukelt sich selbstverstärkend auf. Der Fehlimpuls, den der verursachende Autofahrer zwar wahrnimmt, der ihn selbst aber nicht massgeblich beeinträchtigt, bewirkt einige Kilometer weiter hinten womöglich ein grosses Verkehrschaos. Lieferketten – je effizienter ausgestaltet, umso anfälliger – reagieren ähnlich. Ein Nachfrageimpuls beim Endkunden verursacht grössere Verwerfungen beim Einzelhändler, noch grössere beim Grossverteiler und führt unter Umständen zu Produktionsproblemen beim Hersteller.

Mit dem faktischen Stilllegen der Wirtschaft während der Coronapandemie und dem anschliessenden Turbostart, unter Zuhilfenahme staatlicher Stimulierungsmassnahmen, fällt der Impuls in der Nachfrage nun massiv aus. Diese Auswirkungen können derzeit in allen Bereichen des Lebens beobachtet werden. Die aktuell hohen Inflationszahlen sind ein Zeichen dafür, dass die Öffnung nach Corona nun in der Wirtschaft verarbeitet wird: Eine buchstäblich entfesselte Nachfrage trifft auf tiefe Lagerbestände, die optimal angepasst waren auf die verhaltene Nachfragesituation während Corona – als Folge davon steigen die Preise.

Chart

Es besteht zurzeit das Risiko, dass die zurückgestellte Kundennachfrage vorerst befriedigt ist. So erwartet der Markt im Moment einen deutlichen Nachfragerückgang bei dauerhaften Konsumgütern und eher eine Nachfrageverschiebung hin zu Dienstleistungen. Im Einzelhandel ist genau das zu beobachten. Die Lagersituation hat sich der verstärkten Nachfrage angepasst. Treffen die aufgefüllten Lager nun auf eine wiederum schwächer werdende Nachfrage, besteht die Tendenz der Lagerräumung zu günstigeren Preisen. Die Inflation wird dadurch – zumindest kurzfristig – deutlich sinken. Aufgrund des schieren Ausmasses des Coronaschocks sind die LLB-Anlageexperten der Ansicht, dass der Peitscheneffekt länger als gewöhnlich und stärker als erwartet auf die Versorgungsketten einwirken wird. Das hat zur Folge, dass die Preisschwankungen im Markt hoch bleiben werden. Nicht eine anhaltend hohe Inflation wird das Problem sein, sondern die starke Schwankung der Preise. Die negativen Effekte für Unternehmen sind eine weniger hohe Planungssicherheit, eine anspruchsvollere Lagerbewirtschaftung und eine weniger verlässliche Zuliefersituation.

Chart

Ein rein auf Dienstleister fokussiertes Portfolio vermeidet zwar mögliche Lieferkettenprobleme weitgehend, bringt jedoch andere Probleme mit sich. So trifft beispielswiese Lohninflation vor allem dienstleistungsorientierte Sektoren, da der Arbeitsmarkt für gut ausgebildete Fach- und Servicekräfte ausgetrocknet bleibt. Im Portfoliokontext geht der Investor mit einem Fokus auf wenige, stark service-bezogene Sektoren oft eine Ecklösung mit überdurchschnittlicher Aktienbewertung ein. Empfehlenswert ist noch immer ein breit diversifiziertes Portfolio mit einem Schwerpunkt auf cashflow-starken Unternehmen. Wichtiger denn je wird aber sein, aktive Portfolioentscheidungen zu treffen. Die aktuelle geopolitische Situation erlaubt keine Buy-and-hold-Entscheidungen. Nicht zuletzt aus diesem Grund stellen die aktiv verwalteten LLB-Aktienfonds eine interessante Anlagemöglichkeit dar.

Portrait Timo Gruber
Timo Gruber, Anlageklassen-Researcher Rohstoffe, LLB Asset Management AG, Vaduz.

Rechtlicher Hinweis: Angaben im Sinne der Finanzanalyse-Vorschriften (Gesetz, Verordnung) finden Sie unter Rechtliche Bedingungen.