US-Chip Sanktionen gegen China

Am 13. Oktober erliess das US-Handelsministerium Sanktionen gegen Chinas Halbleiterindustrie. Hartes Umsetzen der Beschränkungen versetzt Teile der chinesischen Chip-Industrie um Jahre zurück.

Mit Exportsanktionen im Bereich der Halbleiter greifen die USA direkt die Ambitionen Chinas an, eine globale Führungsrolle auf den Gebieten Sicherheit und Verteidigung aufzubauen. Ohne freien Technologietransfer wird sich die chinesische Wirtschaft weit weniger dynamisch entwickeln und deutlich mehr in eigene Forschung und Entwicklung investieren müssen, als bisher angenommen.

Die USA sanktionieren die Chip-Branche in China über drei konkrete Aktionen. Zunächst soll die Fähigkeit, Halbleiter herzustellen, auf das technologische Niveau von 2014 beschränkt werden. Sämtliche neuen Technologien werden über Handelsbarrieren hinsichtlich Maschinen, Ersatzteile und personelle Ressourcen begrenzt. Zweitens erhalten gewisse Firmen aus China keinen Zugang mehr zu Software, die für das Design moderner Halbleiter notwendig sind. Dieses Verbot Chip-Design-Software zu kaufen, gilt aktuell für 28 Unternehmen. Abschliessend verbieten die USA den Verkauf von sogenannten High-Performance-Chips an alle chinesischen Kunden. Diese Chips finden Einsatz in Datenzentren sowie in Supercomputern zum Zwecke der Datenanalyse sowie für Machine-Learning-Anwendungen.

Weitreichende Einschränkungen

Ausgeführt werden sämtliche Einschränkungen über die sogenannte Foreign Direct Product Rule (FDP-Regel). Die FDP-Regel besagt, dass die Produkte, die unter Einsatz von US-Technologie gefertigt werden, dem US-Re-Exportkontrollrecht und den Export Administration Regulations (EAR) unterliegen. So können die USA nicht nur den direkten Technologieexport restringieren, sondern auch Produkte, die auf US-Technologie basieren, faktisch vom Export –in diesem Falle nach China– exkludieren. Ein ähnliches Vorgehen wird mit den aktuellen Sanktionen gegen Russland angewendet. Für chinesische Unternehmen, die in der Halbleiterbranche mit US-Technologie arbeiten, bedeutet dies im besten Fall eine Beschädigung ihres Geschäftsmodells und im schlechtesten Fall eine Verunmöglichung des Weiterbestehens.

Bemerkenswert ist, dass eine demokratische Administration unter Joe Biden derart weitreichende Einschränkungen erlässt. Mit den Halbzeitwahlen (US Midterm Election) Anfang November dürfte sich die Situation kaum strukturell entspannen. Das Ziel der Sanktionen ist es, den Fortschritt Chinas auf möglichst vielen Ebenen zu verlangsamen. Wir gehen davon aus, dass die Sanktionen international befolgt werden. Umgehungsmassnahmen, wie Auslagerung chinesischer Produktion ins Ausland und Reimporte nach China oder andere unternehmensrechtliche Verschleierungskonstrukte dürften teuer und wenig effizient sein. Mittel bis längerfristig bleibt China somit faktisch nur der Aufbau von eigenem Know-how. Aber auch US-Unternehmen im Halbleiter-Segment dürften von den Sanktionen hart getroffen werden. So ist China doch für viele Halbleiter-Ausrüster, die Produktionsanlagen oder Design-Software in das Reich der Mitte liefern, ein bedeutender Absatzmarkt, der bis zur Hälfte des geografischen Umsatzmix ausmachen kann.

Im Portfolio umgesetzt bedeutet dies, vorläufig auf diese Technologie-Provider zu verzichten und tendenziell die direkten Chip-Hersteller wie Intel Corporation zu bevorzugen. Wohlwissend, dass auch für diese Hersteller derart schwerwiegende Veränderungen eine Herausforderung sein werden. Wir sehen  aber mindestens drei wichtige Vorteile: 1. Politischer Support für ein Reshoring der Chip-Fertigung in die USA. 2. Direkte wirtschaftliche Unterstützung im Rahmen des CHIPS Act zur Reduktion der stark steigenden Kapitalaufwände. 3. Eine rekordgünstige Bewertung und kaum Enthusiasmus gegenüber dem Sektor seitens der Investorengemeinschaft.

Konsumelektronik eventuell betroffen

Halbleiter werden in Zukunft noch wichtiger werden, als sie bisher bereits waren. Wenn sich der Staub gelegt hat, stehen die Chancen gut, dass die USA ihre Vormachtstellung bewahren kann. Wir schätzen die möglichen Vergeltungsmassnahmen seitens China als sehr beschränkt ein. Sollte es dazu kommen, dürfen Bereiche wie Konsumelektronik betroffen sein. Strategisch wichtige Wirtschaftssegmente wie die Rüstungsindustrie oder die IT-Branche sollten grundsätzlich resilient sein.

Portrait Timo Gruber
Timo Gruber, Fondsmanager LLB Aktien Nordamerika ESG, LLB Asset Management AG

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